Taanit Esther, der Fastentag von Esther, geht zu Ende – bei Sonnenuntergang beginnt Purim. Ein fröhliches Fest soll es sein, doch für viele Jüdinnen und Juden in der Ukraine geht das (unfreiwillige) Fasten weiter; sie werden heute Abend keine Hamantaschen verschenken oder essen können. Stattdessen werden viele Ukrainer wieder Angst haben, ob sie und ihre Lieben die Nacht überleben. Todesangst. So wie das jüdische Volk die Vernichtung durch Hamans schrecklichen Plan vor Augen sah, so wie die Königin Esther ihren Tod fürchten musste und darum das ganze Volk bat, mit ihr und für sie zu fasten und zu beten.
Zum Gebet für Frieden in der Ukraine rufen Rabbiner, Bischöfe, geistliche Führer in aller Welt auf; auch die internationale jüdische Studierendenorganisation Hillel hat dafür geworben, das Esther-Fasten als Solidarität mit der Ukraine zu verstehen.
Die Gebete von Esther und Mordechai, die heuteweltweit gelesen werden, führen vom verzweifelten Hilfeschrei hin zur Glaubensgewissheit, dass Gott früher geholfen hat und auch jetzt retten wird. Genauso wie Psalm 22, den Jesus am Kreuz angestimmt hat:
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bleibst fern meiner Rettung, den Worten meines Schreiens? Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du gibst keine Antwort; und bei Nacht, doch ich finde keine Ruhe.
Aber du bist heilig, du thronst über dem Lobpreis Israels. Dir haben unsere Väter vertraut, sie haben vertraut und du hast sie gerettet. Zu dir riefen sie und wurden befreit, dir vertrauten sie und wurden nicht zuschanden.
In diesem Vertrauen – non confundar in aeternum – wollen wir gemeinsam mit Jüdinnen und Juden in der Ukraine den Himmel bestürmen:
Höre, Ewiger, das Schreien in Mariupol, in Charkiw und Kiew, und sieh auf den Mut der ukrainischen und russischen Frauen; so wie Du Esthers Mut belohnt hast, so rette auch jetzt! Gib den Verzweifelten Mut, gib den Müden Kraft, schenke den Kindern Freude, schenke der Ukraine Frieden!
Chag Purim sameach!