Folge 3
Jemanden abstempeln ist meist die Folge davon, ihm oder ihr mit den eigenen Vorurteilen zu behaften oder einer einseitigen Sicht über etwas oder einer ganzen Person, um der Einfachheit willen, den Vorzug zu geben. Man macht sich nicht mehr die Mühe, die Schattierungen, die situativen Umstände oder andere Bedingungen zu berücksichtigen. Stempel drauf und ab in die Ablage.
Die Stempelträger müssen dann irgendwie damit klar kommen.
Dabei werden solche und noch frühere Prägungen mich darin beeinflussen, welche Stempelabdrücke meines Lebens ich wiederum hinterlasse. Welche Prägungen möchte ich zulassen, die meinen eigenen Abdruck positiv gestalten können? Welche kann ich ablegen und hinter mir lassen, damit sie nicht weiter meine Abdrücke, meine Umwelt negativ beeinflussen.
Es sind Fragen nach der Ausdrucksweise meiner eigenen Identität, meinen Zielen, Wünschen und Hoffnungen. Diese Fragen beschäftigen einen das ganze Leben lang. Deutlich spürbarer an den Übergängen des Lebens, die mit Nachdruck abverlangen, uns diesen Fragen zu stellen: von der Schule ins Studium, vom Studium in die Arbeitswelt, vom Single zum Paar, vom Paar zur Familie usw.
Dabei immer wieder seine innere Freiheit zu entdecken, ohne den Bezug zum Anderen zu verlieren ist dabei ein sehr hilfreiche Eigenschaft, damit die Kunst des Lebens und des Zusammen Lebens gelingt. Eigene Freiräume auszumachen und auszudrücken und die des Anderen zu gewähren ist ein Balanceakt, der nie aufhört, so gern wir das auch hätten. Denn eine scheinbare, ewige Sicherheit ist ein Trugschluss. Er verhindert in Wirklichkeit Entwicklung und Veränderung, mit der auch tatsächlich alle klar kommen.
Wie schön wenn wir uns einmal mehr Gedanken über unseren Stempelabdruck machen, über die Farbe, den Ort, Motive und Auswirkungen. Dabei den eigenen Wert, die Einzigartigkeit immer wieder zu entdecken, die Möglichkeiten zur Veränderungen zuzulassen – all das macht doch das Leben bunter. Dazu ist sicherlich eigener Mut und auch Zuspruch hilfreich, der mich immer wieder ermutigt, selber zu entscheiden, Dinge nicht einfach hinzunehmen sondern durch den positiven eigenen Abdruck zu verändern.
Erich Fried drückt es in einem kurzen Gedicht wie folgt aus: „Wer will, dass die Welt so bleib wie sie ist, der will nicht dass sie bleibt.“ Die Texte des alten und neuen Testamentes sind voll von solchen Aufrufen zur Freiheit: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen“, schreibt der Autor des Galaterbrief.
Es bleibt ein Abenteuer. Wer seinen Stempel nicht formt, auspackt und ausprobiert hat schon aufgegeben. Wer diesen Stempel mit eigener Persönlichkeit, mit Solidarität und Nachhaltigkeit einsetzt kann dieser Welt etwas wunderbares hinterlassen. Besonders schön, wenn aus so einem Anflug negativer Energie, wenn Dich jemand abstempeln will, solch eine phantastische Erzählung von einem eigenem Stempelbild und Nachdrucken entsteht.