Wenn ich Eugen Roth höre fällt mir sein Spruch ein: „Ein Mensch sieht ein – und das ist wichtig: Nichts ist ganz falsch, und nichts ganz richtig.“
Beim Wort “Einsicht” erinnere mich auch an meine Firmfeier. Der Moment im Leben eines Menschen, wo er bekräftigt aus den Gaben des Heilmachenden Geistes zu leben, der sein Wirken im Leben Jesu zeigte. Da war von den sieben Gaben des Heiligen Geistes die Rede. Die zweite Gabe ist die Einsicht. Sie ist eingebettet in die Vielschichtigkeit menschlichen Verstehens und Handelns. Durch die sieben göttlichen Gaben: Weisheit, Einsicht, Rat, Erkenntnis, Stärke, Frömmigkeit und Gottesfurcht kann mein Leben einen Mehrwert erreichen.
Was ist mit Einsicht jedoch gemeint? Wann ist ein Mensch einsichtig? Wenn er eine Meinung unhinterfragt übernimmt? Im Gegenteil: Die Einsicht ist, wie das Wort schon sagt, die Gabe hinein-zu-sehen, die Dinge versuchen so anzusehen, wie sie von Gott her anzuschauen wären. Der Mensch kann von sich aus Dinge und Situationen mit Klugheit und Verstand betrachten, um sie jedoch in der Tiefe verstehen zu können bedürfen wir dieser Gaben.
Die Gabe der Einsicht wird oftmals auch mit Verstand gleichgesetzt. Dazu passt ganz gut das Gleichnis von Buridans Esel. Johannes Buridanus lebte als Philosoph und Schriftsteller im 14. Jahrhundert und gab folgendes Beispiel. Ein Esel steht zwischen zwei von ihm gleich weit entfernten Heuballen. Der Esel verhungert jedoch, da er sich nicht entscheiden kann, welchen der beiden Heuballen er zuerst fressen soll. Ohne Einsicht, sich entscheiden zu müssen, etwas zu wagen, kann es also leicht passieren, dass wir hin und hergerissen sind zwischen den vielen Dingen und Möglichkeiten in unserem Leben. Daher lohnt es sich durchaus um Einsicht zu bitten und sie zu füttern mit Erkenntnis, Verstand und Mut.
Auch König Salomon hat, als Gott ihm im Traum erlaubte eine Bitte zu äußern, um ein „hörendes Herz“ (1Kön 3,9ff) gebeten, woraufhin ihm Gott folgendes geantwortet hat: „Weil du gerade diese Bitte ausgesprochen hast und nicht um langes Leben, Reichtum oder um Tod deiner Feinde, sondern um Einsicht gebeten hast, um auf das Recht zu hören, werde ich deine Bitte erfüllen.“
Der Kluge und der Einsichtige sind jene, die die Spielregeln des Lebens tiefer verstehen und anwenden wollen. Einsicht fördert die Fähigkeit, das richtige Ziel mit den richtigen Mitteln zu erreichen. Dazu brauchst du keinen Doktor-Titel, ja nicht einmal ein Abitur, um einsichtig zu sein. Auch kommt es nicht auf das Alter an. Es gibt weise Vierzehnjährige und es gibt Achtzigjährige, die alles andere als weise sind. Abschließend noch ein Hinweis auf eine Aussage des Schweizer Theologen Stefan Sigg zum Thema Heiliger Geist und die Gabe der Einsicht:
Er meint sinngemäß, der Heilige Geist sei nicht wie Wikipedia: “Er liefert uns nicht auf einen Klick Antworten auf alle Fragen. Aber wer den Heiligen Geist um Hilfe bittet, den wird er auf dem Weg zur gesuchten Antwort begleiten, selbst wenn man dafür mal eine Bergwanderung und Umwege in Kauf nehmen muss.“